Bildungsbericht gibt wertvolle Hinweise
GRÜNE: Mannheim muss mehr für Bildungsgerechtigkeit tun
Auch im Bildungsbereich hat sich die Schere zwischen Arm und Reich weiter geöffnet. Dies muss Ansporn sein, die Maßnahmen für Bildungsgerechtigkeit zu intensivieren. So muss es mehr Ganztagsschulen und eine Ausweitung der Schulsozialarbeit geben.
Zum Erscheinen des zweiten Bildungsberichtes der Stadt Mannheim erklärt Dirk Grunert, bildungspolitischer Sprecher der GRÜNEN:
„Wir als GRÜNE begrüßen die regelmäßige Bildungsberichterstattung in Form des alle zwei Jahre erscheinenden Bildungsberichtes. Der Bildungsbericht ist ein wichtiges Instrument zur langfristigen Beobachtung von Entwicklungen im Bildungsbericht und gibt eine gute Übersicht, wie es mit der Bildungssituation in Mannheim, in den Stadtteilen, nach sozialem Status, Migrationshintergrund oder Geschlecht aussieht. Der Bericht zeigt, dass die Stadt sich die richtigen Ziele gesetzt hat, indem sie Vorbild für Bildungsgerechtigkeit werden möchte. Der Bericht zeigt aber auch klar auf, dass die Stadt noch deutlich mehr tun muss, auch wenn die bisherigen Maßnahmen in die richtige Richtung gehen. Diese müssen aber intensiviert werden.
Denn der Bildungsbericht stellt dar, dass die soziale Schere in Bezug auf Bildung leider weiter auseinander gegangen ist. Das ist eine traurige Erkenntnis!
Die Chancen auf den Besuch eines Gymnasiums haben sich nach Sozialraum auseinander entwickelt. Mittlerweile kommt ein Kind aus der Neckarstadt-West, das auf das Gymnasium geht, während es sieben Kinder aus der Oststadt sind. Die Aufhebung der Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung war dabei nach-weislich keine Ursache.
Ein ähnliches Verhältnis zeigt sich bei Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund. Auf einen Schüler mit Migrationshintergrund mit Abitur kommen sieben Schüler mit ohne Migrationshintergrund mit Abitur. Zwar gibt es bezüglich der Bildungschancen von Schülerinnen und Schülern mit Migrations-hintergrund keinen negativen Trend, aber auch keine signifikante Verbesserung. Dabei sollte man im Blick haben, dass mittlerweile deutlich über 50% der 0-16-Jährigen einen Migrationshintergrund haben, teilweise in Stadtbezirken sogar 60-70%.
Auch im berufliche Schulbereich zeigen sich wichtige Handlungsfelder für die Stadt: Der Anteil derjenigen, die die Berufsschule ohne Abschluss verlassen, ist in den letzten Jahren gestiegen! Bei beruflichen Gymnasien beträgt er sogar 35%, für Schüler mit Migrationshintergrund sogar knapp 50%. Das Übergangs-system in den Beruf muss dringend reformiert werden. Viele Schülerinnen und Schüler gehen in Schulen, die keinen höheren Schulabschluss ermöglichen und 50% verlassen das BVJ ohne Abschluss. Hier muss die Parole „Keine Schülerin/ kein Schüler darf verloren gehen“ dringend mit Leben gefüllt werden.
Als negativ sehen wir auch den sich immer mehr verstärkenden Trend zu Privatschulen, sowohl im allgemeinbildenden als auch im beruflichen Bereich. Privatschulen können in Teilbereichen eine Bereicherung des öffentlichen An-gebots darstellen, doch sollte der kostenlose, öffentliche Bereich attraktiv genug sein, um die ganz große Mehrheit aller Kinder und Jugendlichen erfolgreich zu versorgen.
Als GRÜNE fordern wir als Konsequenz aus dem Bildungsbericht eine Intensivierung der bisherigen Maßnahmen: Die Schulsozialarbeit muss schnellstens weiter ausgebaut werden, auch in Schularten, die bisher noch gar nicht versorgt sind. Mannheim braucht mehr gebundene Ganztagesschulen, im Grundschul-bereich aber auch im weiterführenden Bereich. Demografischer Wandel und anderes Übergangsverhalten bedingen einen deutlichen Umbau im Bereich der weiterführenden und der beruflichen Schulen.
Die Fraktionsvorsitzende und sozialpolitische Sprecherin der GRÜNEN Gemeinderatsfraktion Gabriele Thirion-Brenneisen betont: „Ganz zentral für eine erfolgreiche Bildungspolitik ist aber die Bekämpfung von Armut, wie der Bildungsbericht aufzeigt. Wir müssen uns verstärkt um die 20% der Kinder und Jugendlichen (unter 15 Jahren) kümmern, die im Hartz-IV-Bezug leben bzw. die 40% aller Kinder und Jugendlichen, die in den Sozialräumen 4 und 5 leben.“
Stadtrat Grunert fasst zusammen: „Abschließend kann man zum Bildungsbericht sagen: So wertvoll er in Bezug auf langfristige Trends auch ist, kann er jedoch nur schwer als Informationsgrundlage für kurzfristige bildungspolitische Entscheidungen wie für die dieses Jahr anstehenden Haushaltsberatungen dienen, da er sich hauptsächlich auf die Daten des Jahres 2010 stützt und da-mit sämtliche bildungspolitische Maßnahmen der letzten zwei Jahre nicht enthalten und ausgewertet sind.“