Stadtwald und Klimawandel
Antrag zur Sitzung des Gemeinderats am 04.02.2020
Antrag
Der Gemeinderat beschließt:
1. Die Stadtverwaltung erstellt einen Bericht über die Neuanpflanzungen der letzten Jahre im Dossenwald und Käfertaler Wald sowie in den Auwäldern.
2. Die Baumarten, deren Herkunft und prozentualer Anteil an den Pflanzungen wird dargestellt, sowie die Anwuchserfolge und Anwuchsprobleme erläutert.
3. Die waldbauliche Konzeption des Landesbetriebs ForstBW für die Hardtwälder zwischen Karlsruhe und Mannheim wird vorgestellt.
4. Die strategische Ausrichtung der Forsteinrichtung für die nächsten 10 Jahre legt den Schwerpunkt auf die Entwicklung einer standortgetreuen Waldgesellschaft.
Begründung:
Die Stadtwälder in Mannheim erfüllen wichtige Funktionen für die Lebensqualität in der Stadt. Sie verbessern das Stadtklima, spenden Schatten und Abkühlung, dienen der Naherholung, binden CO2 und sind für den Erhalt der Biodiversität unverzichtbar. Bedeutende
Naturschutz-, Landschaftsschutz- und FFH Gebiete liegen in den Mannheimer Wäldern. Die Artenvielfalt des Waldes ist eng gebunden an hei-mischen, standortangepasste Laubbaumarten mit breitem Altersspektrum und geschlossenem Kronendach, einem intakten Bodenleben, sowie einem vielfältigen Totholzvorkommen.
Die Hitze und Trockenheit der letzten Jahre hat dem Stadtwald starke Schäden zugefügt, vor allem die Kiefern sind betroffen, aber auch bei Buchen und Eichen sind Ausfälle zu verzeichnen. Die maschinelle Entnahme geschädigter oder abgestorbener Bäume führt zu mehr Lichteinfall, damit wird die Ausbreitung von Neophyten, wie Spätblühender Traubenkirsche, aber auch Robinie und Götterbaum gefördert.
Auf den neu bepflanzten Parzellen breiten sich diese Neophyten ebenfalls stark aus, deren Bekämpfung ist schwierig.
Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Wälder werden derzeit breit diskutiert, es gibt kein Patentrezept für die zukünftige Ausrichtung der Waldbewirtschaftung. Es zeigt sich jedoch, dass naturnah bewirtschaftete Wälder deutlich stabiler sind, als aufgeforstete Nadelwälder. So fordern Umweltverbände und viele Forstexperten ein Umdenken bei der Waldwirtschaft, die sich stärker an den natürlichen Waldgesellschaften orientieren soll. Und auch die Bundesumweltministerin Svenja Schulze verlangt bei Aufforstungsmaßnahmen sich an den natürlichen Waldgesellschaften zu orientieren.
Der Entwurf für die neue Forsteinrichtung 2020-2029 liegt mittlerweile vor. Der Schwerpunkt der Waldverjüngung liegt auf der Anpflanzung nicht heimischer Baumarten aus unterschiedlichsten Ländern der Erde. So soll die Libanonzeder aus dem Atlasgebirge, mit der Baumhasel aus dem Balkan, der Roteiche aus Nordamerika oder der atlantisch-mediterranen See-Kiefer den neuen ‚Klimawald‘ aufbauen. Ob diese Arten unser Klima dauerhaft aushalten, welche Auswirkung die Arten auf das Ökosystem Wald haben, ob damit Schaderreger eingebracht werden, all das ist nicht bekannt und kann sich durchaus schädlich für den langfristigen Walderhalt entwickeln. Von daher sollen mehr Flächen für eine natürliche Wald-entwicklung vorgesehen werden. Bevor mit exotischen Baumarten experimentiert wird, sollten erst alle Möglichkeiten ausgelotet werden, natürliche Waldgesellschaft zu stabilisieren und weiterzuentwickeln.
Stieleiche, Traubeneiche, Hainbuche, Winterlinde, Feldahorn, Eibe und Rotbuche waren einstmals hier weit verbreitet und sie haben auch das Potential trotz geänderten Klimaverhält-nissen sich weiter zu behaupten. Die Entwicklung der letzten 20 Jahre zeigt zwar einen starken Rückgang der Waldkiefer von 58% auf 43%. Gleichzeitig ist aber auch der Anteil an Laubbäumen von 40% auf 52% gestiegen und dieser basiert nicht nur auf der spätblühenden Traubenkirsche, sondern auf der Ausbreitung von Ahorn, Eiche, Hainbuche und anderen. Für die Mannheimer Bürger*innen hat der Wald eine sehr hohe Bedeutung, die waldpädagogischen Angebote werden sehr gut angenommen.
Mit Beteiligungsprojekten wie dem von Greenpeace kann das Thema Wald und
Klimawandel in die Bürgerschaft getragen werden und mit kreativen Ansätzen neue Methoden in naturnahen Wäldern getestet werden.
Unsere Stadtwälder sind komplexe Ökosysteme, die gegenüber Klimaveränderung so gestärkt werden sollen, dass sie auch in Zukunft nicht nur eine Aneinanderreihung von Bäumen darstellen, sondern einen vielfältigen und stabilen Lebensraum für Flora und Fauna dauerhaft entwickeln.
Folgende Ziele sollen bei der strategischen Ausrichtung der Forsteinrichtung vorrangig berücksichtigt werden:
• Das Bewirtschaftungsziel soll beim Erhalt des Stadtwaldes als Erholungswald, dem Bodenschutz, Grundwasserschutz und Klimaschutz liegen. Der Holzertrag spielt eine untergeordnete Rolle,
• Weiterentwicklung der natürlichen Laubbaumgesellschaften mit gezielter Förderung heimischer Baumarten,
• Einhaltung der Pflege- und Entwicklungsziele in den FFH Gebieten,
• Naturschonende mechanische Verfahren zur Verhinderung der Ausbreitung von Neophyten,
• Bodenschutz und möglichst Erhalt von heimischen Jungbäumen durch schonende Bearbeitung, z.B. durch den Einsatz von Rücke-Pferden,
• Kein Biozid-Einsatz,
• Totholzkonzept erweitern,
• Ausweisung von Bannwald- und Schonwaldflächen erweitern,
• Angebote von Beteiligungsformaten für interessierte Bürger und Verbände, Unterstützung von Waldprojekten, wie das der AG Wald von Greenpeace Heidelberg/Mannheim (siehe Anlage).
Die Ideenskizze: Schaffung eines klimastabilen Musterwaldstücks im Mannheimer Käfertaler Wald von Greenpeace Mannheim-Heidelberg finden Sie unter
https://www.mannheim-heidelberg.greenpeace.de/sites/www.mannheim-heidelberg.greenpeace.de/files/ideenskizze_kaefertaler_wald.pdf
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Ergebnis:
Unser Antrag geht in das Beteiligungsverfahren, das am 16.7.2020 startet. Wichtig aus grüner Sicht sind die Zielfunktionen des Waldes: Klima-, Boden-, Immission- und Grundwasserschutz, sowie Erholung. Die geplanten Maßnahmen müssen sich daran orientieren. Der Holzeinschlag ist in Anbetracht des schlechten Waldzustandes auf die Verkehrssicherheit zu beschränken.