Für einen würdigen Umgang mit der Erinnerung

Antrag zur Sitzung des Gemeinderats am 30.04.13

Antrag

Der Gemeinderat beschließt:

1.            Wie von der Stadtverwaltung vorgeschlagen wird ein Gesamtkonzept erarbeitet, das den Veränderungen der Erinnerungskultur sowie den Unterschieden zwischen den Opfern und ihren Schicksalen Rechnung trägt, aber auch klare Vorgaben macht, wie mit belasteten Persönlichkeiten der Mannheimer Stadtgeschichte umgegangen wird. Deshalb kann zum jetzigen Zeitpunkt z.B. die Person Heinrich Vetter noch nicht abschließend bewertet werden und bedarf einer weitergehenden Aufarbeitung in diesem Gesamtkonzept.

2.            Dabei sollen außerdem folgende Aspekte besonders berücksichtigt werden:

i.             Die Rolle der Stadt Mannheim und anderer staatlichen Einrichtungen sowie von Vereinen und Verbänden,

ii.            Erste Schritte im Bildungsbereich wie z.B. Apps, Unterrichtsmaterialien, Schulpro-jekte und Broschüren (wie z.B. von den Stolpersteinen),

iii.           Prüfung der Präsenz im öffentlichen Raum und einer musealen, öffentlichen Darstel-lung bis hin zu einem NS-Dokumentationszentrum,

iv.           Zusammenarbeit mit Opfergruppen; engagierten Initiativen und Einrichtungen wie z.B. der KZ-Gedenkstätte,

 

Begründung

Das würdige Erinnern an die Gräuel und das Unrecht des Nationalsozialismus ist und bleibt ein elementarer Bestandteil der Erinnerungskultur in Deutschland. Wie die gesamte Erinnerungskultur hat sich aber auch das Erinnern an die Nazi-Zeit in den letzten Jahrzehnten verändert. Aufgrund eines veränderten (Un-)Rechtsempfindens, teils aber auch aufgrund neuerer Forschungsergebnisse werden heute manche Personen der Stadtgeschichte anders beurteilt als in früheren Jahrzehnten.

Andererseits ändert sich aber auch das Gedenken selbst. Eine Studie wie die zur Arisierung, die allseits gelobt wird und auf großes Interesse im ganzen Land stößt, bietet zahlreiche Anknüpfungspunkte für die weitere NS-Erinnerungsarbeit. Die zahlreichen Stolpersteine weisen im Alltag auf Einzelschicksale von Mannheimer Bürger_innen hin, das Gurs-Schild am Hauptbahnhof ist erst bei näherer Betrachtung als Mahnmal zu erkennen. Und viele Opfergruppen wurden in früheren Jahrzehnten noch gar nicht als Opfer berücksichtigt. So rückt erst seit einigen Jahren verstärkt das Schicksal der Sinti und Roma, der Zwangsarbeiter und der Opfer von Zwangssterilisierungen und der sogenannten Euthanasie in den Fokus des Gedenkens.

All diese Veränderungen sollen in einem Gesamtkonzept gemeinsam betrachtet werden, da ein (glaub)würdiger Umgang mit der Vergangenheit nur so möglich ist.

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30. April 2013
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